Urkundlich nachweisbarer Familienbesitz seit mindestens 1710.
Nachweis mehrerer Zweige der Familie als Besitzer im Ort seit mindestens 1624.
Bearbeiter: Wilhelm Deuer 1986
Der Ort Treßdorf im oberen Gailtal (erstmals 1364 genannt1) lag innerhalb des Landgerichtes Goldenstein, während seine Bauerngüter vor allem auf die Grundherrschafen Goldenstein, Flattachhof, Grünburg und Mandorf aufgeteilt waren.
Die Ederhube - deren Entstehung in der Zeit der Dorfgründung zurückreichen wird2 - war bis 1848 Rustikal-Ganzhube der Herrschaft Mandorf. Diese entstand aus dem Gutshof Edling bei Kötschach, den Hans von Mandorff, Pfleger zu Pittersberg und Goldenstein, im frühen 16. Jahrhundert zu einem Schloss umwandeln ließ. 1765 verkauften seine Erben das Gut, das über einen Geistlichen an die Freiherren von Rechbach und dann über einen Kötschacher Pfleger 1802 an die Familie Pichler fiel, in deren Hand es sich heute noch befindet3.
Von der Herrschaft Mandorf gelangten kaum Archivalien ins Kärntner Landesarchiv. Selbst die im Bezirksgericht Kötschach abgelieferten alten Grund- und Urkundenbücher gingen später zum Großteil verloren oder wurden durch schwere Beschädigungen unbenützbar. Für die Zeit vor 1850 musste daher auf die wenigen staatlichen Erhebungsakten (Kataster und Rektifikationen) sowie auf die Hausurkunden der Familie Rettl zurückgegriffen werden. Die wichtigsten Quellen waren aber die bis ins Jahr 1689 zurückreichenden Matriken der Pfarre Kirchbach.
Aus den Unterlagen geht hervor, dass es zumindest seit dem frühen 17. Jahrhundert in Treßdorf immer zwei bis drei Familien des Namens Ret(t)l gibt. Welche Höfe sie besaßen, geht erst aus den genauer geführten Matriken der Zeit nach 1700 hervor. Es waren dies neben der Ederhube Nr. 7 die (obendrein mittelbar benachbarten) Anwesen vlg. Nißl Nr. 6, die Sommatkeusche Nr. 22 und später auch die Färberhube Nr. 28, von denen erstere und letztere noch im Besitze von Trägern des Namens Rettl sind4. Zusätzlich hatte der im Besitz der Nißlhube befindliche Familienzweig im 17. und 18. Jahrhundert (bis 1772) die Ortstaverne der Herrschaft Goldenstein als Kaufrecht oder Bestand inne5. Im späten 18.- frühen 19. Jahrhundert gipfelt die Verbreitungsdichte der Familien Ret(t)l im Ort mit mehreren gleichzeitigen Besitzern namens Jakob Ret(t)l, die obendrein teils katholisch, teils evangelisch waren6. Die wechselnde Schreibung Rettl oder Retl schwankt von Mal zu Mal und ist kein Verwandtschaftkriterium, wurde aber so gut wie möglich quellengetreu belassen.
Mit dem Einsetzen der Goldensteiner Quellen erscheinen sofort gleichzeitig mehrere Retl als Besitzer in Treßdorf: 1624 wurden Georg Retl „auf des Dionisy guett“ und Hannß Retl zum Landgedinge veranschlagt7, und 1631 mussten Georg und Hansens Sohn Paul (nach den Pfarrmatriken ca. 1606 geboren) wegen eines verbotenen Tanzes dem Landgericht Pönale zahlen8. Um 1650 waren in Treßdorf drei Retl Besitzer ungenannter Höfe, nämlich Jakob, Georg und Paul9. Einer von ihnen muss auf der Ederhube, ein zweiter auf der Nißlhube gesessen sein - die Vornamen Jakob und Paul kommen in der Besitzerfolge dieser Höfe noch mehrmals vor. 1671 verprügelten die Brüder Stef und Hanns, „lödige pueben“‚ einen Bauern, der sie beschimpft hatte, drei Jahre später erfahren wir in einer Streitsache, dass Paul Retl einen gleichnamigen Nachbar Franz hatte10. Der „lödige“ Hans war vielleicht schon der Vater des ca. 1688 qeborenen Johann Retl, mit dem die Stamm- und Besitzerreihe gesichert beginnen kann. Mit dem Einsetzen der Pfarrmatriken 1689 treten parallel derart viele Retl auf, dass eine längere Ortsansässigkeit zwingend zu folgern ist.
1) Johannes Retl, geb. ca. um 1650, heiratet vor 1685 eine Katharina, die als Witwe am 3.5.1716 stirbt11. Sein Todestag war nicht zu ermitteln.
2) Johann Retl (II) kommt ca. 1688 als ehelicher Sohn obiger in Treßdorf zur Welt. Seine erste Frau Maria stirbt am 8. Mai 1715 34-jährig und hinterlässt einen fünfjährigen Sohn, der am 3.10.1710 am Ederhof (zugleich die älteste archivalische Verbindung der Familie Rettl mit dem Hof) das Licht der Welt erblickt hatte12. Am 30.6.1717 heiratet er Anna Rautter, mit der er eine Tochter Maria hat (get. 18.8.1718). Am 19.9.1720 stirbt er als vlg. Eder 32-jährig.
3) Paul Retl: Nach dem Tode des noch jungen Johann Retl übernahm dessen am 3.10.1689 getaufter jüngerer Bruder Paul den Hof und wurde Stammvater der späteren Hofbesitzer bis zur Gegenwart. Er heiratete am 20.5.1722 Eva Lackner und starb am 16.8.1758 als „vulgo Eder rusticus“. Nach dem Stiftregister 1748, das zur Maria-Theresianischen Steuerrektifikation herangezogen wurde, hatte er jährlich 29 fl. 22 kr. an Steuer, Rüstgeld, Contribution, Urbarial- und sonstigen Gaben zu leisten, womit er an dritter Stelle der 29 Mandorfer Untertanen im Gailtal lag13.
4) Jakob Retl wird am 2. März 1727 als ehelicher Sohn obiger geboren und heiratet am 21.2.1759 Anna Martin vulgo Marasch aus Treßdorf. Die Ederhube hat er wohl zwischen 1748 und 1751 übernommen und dafür 35 fl. Ehrung gereicht14.
5) Jakob Retl (II) kommt am 11.9.1760 als ehelicher Sohn obiger zur Welt und heiratet am 14.4.1788 Barbara Allmayer aus Rattendorf. Nach dem Flurbuch 1788 waren er bzw. sein Vater nur dem Gut Mandorf untertänig und besaßen überdies drei eigentümliche Äcker15. Jakob muss seinen Besitz 1823 übergeben haben16 und stirbt am 28.4.1830 als Auszügler.
6) Jakob Retl (III) wurde am 4.5.1793 als ehelicher Sohn obiger geboren und heiratete Maria Strasser aus Reisach. Den elterlichen Besitz übernahm er vor 1823, da ihm am 27.12. des Jahres sein Bruder Johann nach dem Erhalt von 250 fl. eine Verzichtquittung am väterlichen Erbe ausstellte16. Mit seinem Sohn Mathias schließt er am 30. Juni 1851 den Übergabsvertrag über die damals nur 3/4-Ederhube und zugleich einen Schenkungsvertrag über das Hausinventar im Werte von 637 fl. 13 kr.17. Am 10.12.1873 ist er 80-jährig verstorben.
7) Mathias Rettl kam am 11.2.1831 als ehelicher Sohn des Jakob und der Maria Retl zur Welt. Nach der Übernahme des elterlichen Besitzes heiratete er am 21.11.1853 Theresia Huber. Die Einverleibung der Ederhube für seinen gleichnamigen Sohn erfolgte am 6.5.1891. Mathias Rettl ist am 17. Juli 1912 verstorben.
8) Mathias Rettl, geb. am 17.10.1854 als Sohn obiger, heiratete am 24. November 1890 Aloisia Obereßl und ist am 13. August 1940 verstorben.
9) Matthias Rettl, geb. am 12.4.1898, hat den väterlichen Besitz am 18.4.1932 übernommen und am 30. Mai dieses Jahres Stefanie Ploner geheiratet. Beide leben als Auszügler noch am Hof.
10) Josef Rettl, geb. am 6.2.1939, hat am 1.5.1967 Inge Bachlechner aus Treßdorf geheiratet und um 26.7.1971 den Besitz vlg. Eder übernommen. Beide haben drei Kinder: Elisabeth (geb. 17.5.1968), Thomas (geb. 15.4.1969) und Sonja Theresia (geb. 8.5.1976).
Klagenfurt, 23.5.1986
1) W. Fresacher, Das „Marasch-Gut“ in Treßdorf (Gailtal), in: Die Kärntner Landsmannschaft Nr. 12/1970, 3 (Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien Hs. 517: Görzer Repertorium 1364 - „Drösdorf“).
2) Nach W. Fresacher (wie Anm. 1) wurde ein vor 1100 hier gelegener Wirtschaftshof in kleinere Bauerngüter aufgeteilt. Der Ederhof liegt im Ortskern und war seit dem Einsetzen der Schriftquellen Ganzhube.
3) H. Henckel, Burgen und Schlösser in Kärnten, Bd. I., Klagenfurt - Wien 1964, 57f.; H. Wießner / M. Vyoral-Tschapka, Burgen und Schlösser in Kärnten, Bd. III, Wien 1986 (2), 30f.
4) Kärntner Landesarchiv (KLA), Josephinisches Flurbuch Nr. 380/ Gem. Kirchbach (1788); Franziszeischer Kataster KG Kirchbach/ GB Kötschach, Erhebungsprotokolle (1827/1840); Bez.-Ger. Kötschach Hs. 4 (Grundbuch der Hsch. Flattachhof), f. 139, ebda. Hs. 137 (grundbücherliche Erhebungsprotokolle der KG Kirchbach); Urkunden im Besitze der Familie Rettl in Treßdorf.
5) KLA, A. Portia u. Allg. Hss., Urbare und Stiftregister der Herrschaften (Pittersberg und) Goldenstein; Hausarchiv (HA) Rettl: Extrakt aus dem Goldensteiner Verbriefungsprotokoll vom 7.7.1772.
6) Wie Anm. 4. Pfarrarchiv Kirchbach und Archiv der Evangelischen Pfarre Treßdorf: Matriken.
7) KLA, Allg. Hs. 1653/1: Landgedingregister der Hsch. Goldenstein ab 1624, f. 5-5‘.
8) KLA, A. Portia, f. CCXXV/273.
9) KLA, Allg. Hs. 1653/2: Lanndtgeding Urbary Hsch. Goldenstein (ca. 1650), f. 5‘-6‘.
10) Wie Anm. 8.
11) Die folgenden Angaben entstammen, soferne nicht anders angegeben, den Matriken der Pfarre Kirchbach (Tauf-, Ehe- und Sterbebücher ab 1689 bzw. 1690), in situ. Mein Dank gilt der freundlichen und geduldigen Unterstützung von Herrn Dechant GR Josef Auernig.
12) Pfarrarchiv Kirchbach, Taufbuch Ia f. 109: „Joannis Retl seu Eder...“
13) KLA, Rektifikationsakten Oberer Kreis/J 226 (Gut Mandorf): Extrakt aus dem Stiftregister 1748.
14) Wie Anm. 13 (Ehrungen und Abfahrten zwischen 1741-1751): 1748 scheint im Stiftregister noch Paul auf, vor 1751 hat Jakob Ehrung geleistet.
15) KLA, Josephinisches Flurbuch Nr. 380/KG Kirchbach, BG Kötschach (1788).
16) HA Rettl: Verzichtquittung vom 27.12.1823. Am 14. Mai 1824 quittiert seine Schwester Maria verehel. Hohenwarter den Empfang von 200 fl.CM (ebda.).
17) HA Rettl: Schenkungsvertrag vom 30. Juni 1851. Die grundbürgerliche Einverleibung erfolgte erst am 21.4.1853. Die folgenden Besitzveränderungen sind dem Grundbuch BG Hermagor, KG Kirchbach, EZ 89 entnommen.
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