Eltern:
Geburt:
Taufe:
Firmung:
Wehrdienst:
Tod:
Artur Fischer und Maria Rettl
05.12.1922, 12 Uhr in Glatschach 14, Dellach im Drautal / Kärnten
10.12.1922 in Dellach im Drautal (katholisch)
04.05.1933 in Oberdrauburg / Kärnten
Hilfsarbeiter und Kanonier
16.10.1942 in Kirischi, Leningrad / Russland
Wegen Ungehorsam und Befehlsverweigerung in vorderster Front erschossen am Brückenkopf Kirischi.
aegide.at - Anita ProfunserPeter Pirker, Drava-Verlag
Der 20-jährige Max Rettl war von Beruf Hilfsarbeiter und Kanonier in der Wehrmacht. Er wurde Opfer der Wehrmachtsjustiz. Max Rettl befand sich in der „1. Kompanie der Feldstrafgefangenen Abteilung 4“, als er im Oktober 1942 am Brückenkopf von Kirischi, einem schwer umkämpften strategischen Übergang über den Fluss Wolchow, 150 Kilometer südlich von St. Petersburg, einen Befehl verweigerte.
Schon zuvor hatte Max Rettl mehrfach gegen die Disziplin der Wehrmacht verstoßen. Am 9. Februar 1942 verweigerte er beim Geschützexerzieren während der Ausbildung in Solbald Hall in Tirol eine Anordnung seines Ausbildners. Zur Strafe musste er sich mehrfach Hinlegen, was er zwar tat, aber nicht nach den Vorschriften. Schließlich verweigerte Rettl die Disziplinierung. Er rief vor „versammelter Mannschaft: „Ich mag nicht mehr, einmal muss das aufhören.“
Max Rettl wurde in Innsbruck vor das Gericht der Division Nr. 188 gestellt und wegen Gehorsamsverweigerung zu einer Gefängnisstrafe von drei Monaten verurteilt. Während der Vernehmung hatte er zu seiner Person das Folgende zu Protokoll gegeben: „Ich habe meinen Vater nie gekannt, er befindet sich angeblich in der Schweiz. Meine Mutter habe ich nur 2 mal in meinem Leben als Kind kurz gesehen. Sie lebte längere Zeit in Holland und wohnt augenblicklich als Gattin eines Holländers in Köln. Erzogen wurde ich von meiner Großmutter. Ich wollte mir schon öfter das Leben nehmen, da mir überhaupt nichts daran liegt. Nur aus Rücksichtnahme auf meine Großmutter, der ich diesen Kummer nicht antun wollte, habe ich es unterlassen.“ Die Vorwürfe seiner Vorgesetzten würden den Tatsachen entsprechen. Er habe eben nicht immer einen „ganz klaren Kopf“ und wisse nicht, was er sage. Danach ärgere er sich darüber, aber dann sei es eben schon geschehen. Max Rettl beschrieb eine depressive Grundhaltung, die er auf Einsamkeit zurückführte: „Überhaupt ist an allem schuld, dass ich nie ein Mädel gehabt habe.“
In einer Beurteilung durch seine Dienststelle findet diese Eigendarstellung eine gewisse Bestätigung. Dort heißt es: „Rettls Vergangenheit, sein Auftreten und seine Aussagen vermitteln den Eindruck krankhafter Minderwertigkeitsgefühle, seelischer Depressionen und grossen Lebensüberdrusses. Zornige Aufwallungen veranlassen ihn zeitweilig zu unüberlegten Handlungen. Seine geistige Zurechnungsfähigkeit scheint fragwürdig.“ Auf Grund dieser Einschätzung wurde die Strafe auch angsesicht zweier disziplinären Vorstrafen aus dem Vorjahr mit drei Monaten relativ gering bemessen; eine Entlassung aus der Wehrmacht aus gesundheitlichen Gründen kam aber offenbar nicht in Frage.
Es dauerte nicht lange, bis Max Rettl nach der Haftentlassung neuerlich den Gehorsam verweigerte, wieder vor versammelter Mannschaft. In einem Führungsbericht seines Hauptmannes im Mai hieß es: „Er neigt ausgesprochen zur Widersetzlichkeit und Befehlsverweigerung. Seine freche, herausfordernde Art und die oben angeführten Mängel, bedeuten (...) eine Gefährdung der Manneszucht innerhalb der Truppe.“ Am 11. Juni 1942 verurteilte ihn ein Feldgericht nun aber zu einer zweijährigen Gefängnisstrafe.
Nach dem Urteilsspruch wurde Max Rettl in das Wehrmachtsgefängnis Anklam eingeliefert. Von dort kam er in die Feldstrafgefangenen-Abteilung 4. In solchen Sträflingseinheiten wurden verurteilte Soldaten - wie es in einer Anordnung Hitlers hieß - „im Einsatzgebiet der kämpfenden Truppe unter gefahrvollen Umständen zu härtesten Arbeiten“ herangezogen, insbesondere nach den hohen Verlusten der Wehrmacht an der Ostfront.
In der Praxis wurden die verurteilten Soldaten meist zum Minenräumen oder zum Beseitigen von Leichenfeldern eingesetzt – Frontarbeiten, die häufig unter Feindbeschuss durchgeführt werden mussten. Entsprechend niedrig waren die Überlebenschancen. Doch Max Rettl starb nicht durch Feindbeschuss. Nachdem er abermals einen Befehl verweigert hatte, nunmehr an der Front, lautete die Strafe der Wehrmachtsjustiz auf Tod. Ein Erschießungskommando richtete ihn am 16. Oktober 1942 zwischen fünf und sechs Uhr früh wegen Ungehorsams und Befehlsverweigerung hin.
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