Genealogie

vulgo NISSL

Familientafel vlg. Nißl

Geschichte


‍ Auszug aus der 

Stamm- und Besitzerreihe der Familie RETTL vlg. EDER


von Wilhelm Deuer 1986




Aus den Unterlagen geht hervor, dass es zumindest seit dem frühen 17. Jahrhundert in Treßdorf immer zwei bis drei Familien des Namens Ret(t)l gibt. Welche Höfe sie besaßen, geht erst aus den genauer geführten Matriken der Zeit nach 1700 hervor. Es waren dies neben der Ederhube Nr. 7 die (obendrein mittelbar benachbarten) Anwesen vlg. Nißl Nr. 6, die Sommatkeusche Nr. 22 und später auch die Färberhube Nr. 28, von denen erstere und letztere noch im Besitze von Trägern des Namens Rettl sind4. Zusätzlich hatte der im Besitz der Nißlhube befindliche Familienzweig im 17. und 18. Jahrhundert (bis 1772) die Ortstaverne der Herrschaft Goldenstein als Kaufrecht oder Bestand inne5. Im späten 18.- frühen 19. Jahrhundert gipfelt die Verbreitungsdichte der Familien Ret(t)l im Ort mit mehreren gleichzeitigen Besitzern namens Jakob Ret(t)l, die obendrein teils katholisch, teils evangelisch waren6. Die wechselnde Schreibung Rettl oder Retl schwankt von Mal zu Mal und ist kein Verwandtschaftkriterium, wurde aber so gut wie möglich quellengetreu belassen.

Mit dem Einsetzen der Goldensteiner Quellen erscheinen sofort gleichzeitig mehrere Retl als Besitzer in Treßdorf: 1624 wurden Georg Retl „auf des Dionisy guett“ und Hannß Retl zum Landgedinge veranschlagt
7, und 1631 mussten Georg und Hansens Sohn Paul (nach den Pfarrmatriken ca. 1606 geboren) wegen eines verbotenen Tanzes dem Landgericht Pönale zahlen8. Um 1650 waren in Treßdorf drei Retl Besitzer ungenannter Höfe, nämlich Jakob, Georg und Paul9. Einer von ihnen muss auf der Ederhube, ein zweiter auf der Nißlhube gesessen sein - die Vornamen Jakob und Paul kommen in der Besitzerfolge dieser Höfe noch mehrmals vor. 1671 verprügelten die Brüder Stef und Hanns, „lödige pueben“‚ einen Bauern, der sie beschimpft hatte, drei Jahre später erfahren wir in einer Streitsache, dass Paul Retl einen gleichnamigen Nachbar Franz hatte10. Mit dem Einsetzen der Pfarrmatriken 1689 treten parallel derart viele Retl auf, dass eine längere Ortsansässigkeit zwingend zu folgern ist.




Quellen:



4) Kärntner Landesarchiv (KLA), Josephinisches Flurbuch Nr. 380/ Gem. Kirchbach (1788); Franziszeischer Kataster KG Kirchbach/ GB Kötschach, Erhebungsprotokolle (1827/1840); Bez.-Ger. Kötschach Hs. 4 (Grundbuch der Hsch. Flattachhof), f. 139, ebda. Hs. 137 (grundbücherliche Erhebungsprotokolle der KG Kirchbach); Urkunden im Besitze der Familie Rettl in Treßdorf.
5) KLA, A. Portia u. Allg. Hss., Urbare und Stiftregister der Herrschaften (Pittersberg und) Goldenstein; Hausarchiv (HA) Rettl: Extrakt aus dem Goldensteiner Verbriefungsprotokoll vom 7.7.1772.
6) Wie Anm. 4. Pfarrarchiv Kirchbach und Archiv der Evangelischen Pfarre Treßdorf: Matriken.
7) KLA, Allg. Hs. 1653/1: Landgedingregister der Hsch. Goldenstein ab 1624, f. 5-5‘.
8) KLA, A. Portia, f. CCXXV/273.
9) KLA, Allg. Hs. 1653/2: Lanndtgeding Urbary Hsch. Goldenstein (ca. 1650), f. 5‘-6‘.
10) Wie Anm. 8.

Matrikenausschnitte



Jakob Rettl (I):



- Es liegt kein Eintrag im Geburtsbuch vor. Dies lässt die Folgerung zu, dass Jakob Rettl bereits vor Einsetzen der kirchlichen Aufzeichnungen 1689 geboren wurde.

- Laut Eintrag heiratet Jakob Rettl, legitimer (= ehelicher/rechtmäßiger) Sohn des Johannes Rettl und seiner Ehefrau Katharina, am 03.02.1705 die Jungfrau Ursula Pacher aus Treßdorf. Auch das Hochzeitsjahr 1705 lässt vermuten, dass Jakob zumindest vor 1687 geboren wurde und wahrscheinlich der erstgeborene Sohn von Johann und Katharina ist.

- Durch den Hochzeitseintrag am 12.02.1737 seiner Tochter Ursula (des hinterlassenen Jakob und der verstorbenen Ursula legitime Tochter“) mit Adam Garz geht hervor, dass er nach 1737 verstarb.

- Alleine durch die Aufzeichnungen der Pfarrmatriken geht nicht hervor, dass er Bauer an der Nißl-Hube war.



Jakob Rettl (II):



- Durch den Taufbucheintrag am 04.05.1717 geht hervor, dass er der eheliche Sohn des Jakob Rettl und seiner Ehefrau Ursula ist.

- Der Eintrag der Hochzeit 1752 mit Barbara Winkler beschreibt, dass er bereits Bauer an der Nißl-Hube in Treßdorf ist.

- Jakob Rettl stirbt am 19.06.1790 als „alter Nißl, gewesener Bauer und  Auszügler“. Der Eintrag im Sterbbuch verweist durch das angegebene Alter von 73 Jahren auf das Geburtsjahr 1717.

Hochzeit unter Stiefgeschwistern



Nach der Trauung am 14.05.1725 des Witwers Jakob Rettl mit der Witwe Anna Gary (geb. Marasch) heiratet am 12.02.1737 Ursula Retl ihren Stiefbruder Adam Garz:


12 Februarij servatis servandis praesentibus testibus Michaeli Dobringer Paulo Retl et aliis in facie Ecclesiae a me Carolo Jos.(epho) Bernhardt loci parocho copulati sunt sponsus honestus Adamus Garz honesti Joannis pie defuncti et Annae superstites legitimus filius sponsa pudica virgo Ursula Retlin Jacobi superstitis et Ursulae defunctae legitima filia.


12. Tag des Februars, nach Beachtung des zu Beachtenden, in Gegenwart der Zeugen Michael Dobringer, Paul Retl und anderer, im Angesicht der Kirche durch mich, Karl Joseph Bernhardt, Pfarrer des Ortes wurden verehelicht der ehrenwerte Bräutigam Adam Garz, des ehrenwerten, sanft verstorbenen Johann und der hinterlassenen Anna ehelicher Sohn, und die Braut, die tugendsame Jungfrau Ursula Retl, des hinterlassenen Jacob und der verstorbenen Ursula eheliche Tochter.





totgefundenes Kind



den 26ten August 1825: Ein im Stalle des Johann Retl vulgo Nißl Nr. 6 zu Treßdorf aus dem Dunge ausgegraben und todtgefundenes Kind, von der Elisabeth Kindlin den 21ten August 1825 geboren.

Z.2227 -  Edict. 3954-1


Klagenfurter Zeitung

Nr. 240, Seite 2349 vom 18. Oktober 1895



Vom k. k. Bezirksgerichte Kötschach wird bekannt gemacht: Es sei über Ansuchen der kärntn. Sparcasse durch Dr. Uhl die executive Versteigerung der dem Christof Rettl in Treßdorf gehörigen, gerichtlich auf 4260 fl. 85 kr. geschätzten Realität vlg. Nißlhube H.-Nr. 6 in Treßdorf, EZ. 186, C.G. Kirchbach, sammt dem auf 168 fl. 8 kr. geschätzten gesetzlichen Zugehör derselben bewilliget und hiezu zwei Feilbietungs-Tagsatzungen, und zwar:

  • die erste auf den 8. October und
  • die zweite auf den 5. November 1895,

jedesmal vormittags von 9—10 Uhr im diesgerichtlichen Amtszimmer Nr. 3 mit dem Anhange angeordnet worden, dass die Pfandrealität sammt Zugehör bei der ersten Feilbietung nur um oder über den Schätzungswert, bei der zweiten aber auch unter demselben, jedoch nicht unter zwei Drittheilen desselben hintangegeben werden wird.

Die Licitations-Bedingnisse, wornach insbesondere jeder Licitant vor gemachtem Anbote ein lOpercent. Vadium zuhanden der Licitations- Commission zu erlegen hat, sowie das Schätzungs-Protokoll und der Grundbuchs-Extract können in der diesgerichtlichen Registratur eingesehen werden.

K. k. Bezirksgericht Kötschach, am 9. August 1895

Typhus

„Im Verlaufe des November (1901) herrschte beim vlg. Nisl und Blasele in Tresdorf Typhus und sind beim Nisl Mann und Weib innerhalb 3 Tagen verstorben und hinterlassen 8 Kinder. Zur Pflege der 3 kranken Kinder wurde eine barmherzige Schwester aus Klagenfurt berufen, da in der Gemeinde sich niemand getraut zu pflegen.“


Christof und Barbara Retl, bereits seit Ende 1985 nicht mehr an der Nißlhube wohnhaft (siehe Edict, Klagenfurter Zeitung) verstarben im Dezember 1901 innerhalb einiger Tage an Typhus und hinterließen 8 Kinder. 

Lediglich die älteste Tochter Barbara war volljährig und hatte ihren 21. Geburtstag am 5. Dezember, 2 Tage nach dem Tod ihres Vaters und 3 Tage vor dem Tod ihrer Mutter. Die zweitälteste Tochter Maria wurde am Todestag ihres Vaters am 3.12.1901 16 Jahre alt und die jüngere Schwester Katharina hatte ihren 9. Geburtstag am Todestag ihrer Mutter am 8.12.1901.

Drei der Kinder waren ebenfalls krank, sie wurden von einer geistlichen Schwester aus Klagenfurt gepflegt. So vermutlich auch der 6jährige Christof, welcher letztlich am 25.11.1903 im LKH Klagenfurt verstarb und am Friedhof Annabichl in Klagenfurt beerdigt wurde. 

Das jüngste Kind Aloisia Elsa wurde 1910 laut Nachtrag im Geburtsbuch in Bad Aussee adoptiert und führte fortan den Nachnamen Rettl-Zoeller.

Einige der Kinder, darunter mit großer Wahrscheinlichkeit die älteste und bereits volljährige Tochter Barbara dürfte seitdem bei ihren Großeltern mütterlicherseits in Kreuth ober Rattendorf gewohnt haben. Am 07.05.1913 kam dort ihre Tochter Marie zur Welt.

Mediengalerie

Taufbucheintrag 3.10.1710: "Joannes Filius legit. Joannis Retl seu Eder": älteste archivalische Verbindung der Familie Rettl zum Hof vulgo Eder

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